Meine Krebsgeschichte: „Man denkt immer, man hat zwei Leben. Wenn man krank wird, realisiert man – es ist nur eins!“ – Ein Interview mit Ariela

Ariela, wann hast du deine Krebsdiagnose erhalten?

„Das war am 1. April 2019 – und es war kein Aprilscherz. Ich habe Brustkrebs und bin eine Her2/neu3+-Patientin. Das bedeutet, die Tumorart ist aggressiv und dafür bekannt, gerne auch wieder zurück zu kommen.“

Wie fühlte sich die Diagnose an?

„Ich war anfangs gefasst, denn ich wusste schon vorher, dass etwas nicht stimmt.

Ich bin ehrenamtlich im Rettungsdienst und habe meine Mutter an Darmkrebs verloren. Da achtet man auf Veränderungen an sich selber eben auch. Ich war immer wieder krank und dauernd müde. Irgendwann hab ich beim Abtasten der Brust gemerkt, da ist was! Gefühlsmäßig so richtig erwischt hat mich das dann tatsächlich erst später in der Arbeit. Ich bin Erzieherin in einer Kinderkrippe. Da saß ich nun mit den Kindern und hab geweint. Aber ich hab mir schnell gesagt: Hey – der Krebs ist in deiner Brust und nicht im ganzen Körper.“

Wie bist du in die Veramed Klinik gekommen?

„Ich war in Behandlung im Brustzentrum des Rotkreuzklinikums München. Dort habe ich nach der OP die Chemo nicht vertragen. Ich erlitt einen allergischen Schock. Es ging mir wahnsinnig schlecht und dachte nur, was mache ich denn jetzt? Auch die zweite Chemo verlief so. Dann hat man mir dort die Veramed Klinik empfohlen. Ich glaube, das war das Beste, was mir wiederfahren konnte. Ab dem Zeitpunkt, wo ich hier aufgenommen, nein aufgepäppelt wurde, ging es dann auch bergauf. Hier hat man die Chemo angepasst und sich ganz individuell auf mich eingelassen. Das Team hier ist für mich das Beste.“

Wie antwortest du auf die Frage „Wie geht’s?“

„Bei meinem Lebenspartner und Freunden war und bin ich immer schon ehrlich gewesen. Die müssen auch mal ertragen, wenn ich sage „Ich überlebe“ oder „Scheiße“. Aber natürlich überlege ich, was die Leute in meinem Umfeld wohl als Antwort erwarten. Ich hab aber auch schon gehört „Mensch, jetzt bist du operiert, jetzt geht’s doch wieder gut?“. Das ist dann schon ein Schlag in die Magengrube, denn selbst, wenn von außen alles unversehrt erscheint, sind da ja doch die Narben und die seelische Erschöpfung. Ich meine, ich bin nicht geheilt, ich bin nur krebsfrei. Das Gute ist, dass ich damit umgehen kann und dann halt einfach sage, was ich denke.“

Was hat dir noch geholfen?

„Dass ich eine Kämpferin bin. Kämpferisch zu sein, nie aufzugeben, immer nach einem Weg zu suchen – das haben mir meine Eltern beigebracht. Ich glaube, deshalb haben sie mich auch Ariela genannt. Das bedeutet „Die Löwin“. Und ich habe eine Stessbewältigungs-Therapie in jüngeren Jahren gemacht. Das hilft noch heute, wenn ich mir mal wieder zu viel vornehme.“

Was würdest du sagen, kann man vom Krebs lernen?

„Dass man sich selber wichtig nehmen muss. Dass man immer denkt, man hat zwei Leben und dann merkt, dass es eben nur eines ist. Dass man es nutzen muss. Dass man nicht alles nach Plan machen muss. Ich habe gelernt, den Tag zu genießen – genauso wie er eben gerade ist. Ich hab mich hier wahnsinnig verändert. Ich war zwar schon immer positiv eingestellt und positiv denkend, aber früher war ich doch viel mehr getrieben, habe viel im Voraus geplant und ich konnte nicht NEIN sagen. Heute plane ich maximal noch zwei Tage im Voraus. Ich habe gelernt, die Natur viel mehr zu genießen, die Berge zu bewundern wenn ich nach draußen schaue, die frische Luft bewusst einzuatmen. Ich hab einfach gemerkt, dass ich nicht ‚unkaputtbar‘ bin. Und deshalb gehe ich jetzt mit großer Sorgfalt mit mir um. Und zu guter Letzt: Geld ist mir tatsächlich nicht mehr wichtig. Ich schraube mein Arbeitspensum in der Kinderkrippe herunter und werde nur noch halbtags arbeiten. Mein Chef und das ganze Team der Kita stehen da hinter mir. Und sie freuen sich, dass ich bald wieder komme.“

Bist du am Ende des Tages glücklich?

„Ja, es gibt Menschen, die viel Schlimmeres durchmachen als ich. Ich hab auch leider schon etliche gehen gesehen. Aber ich sehe auch, dass jammern nicht hilft. Auch hier in der Veramed Klinik gibt es immer wieder Mit-Patienten (ich nenne sie Miesmuscheln), die am Essen meckern, die sich über Langeweile beklagen, die alles anzweifeln, was sie erhalten, die viel mehr erwarten und selber nichts geben. Daran merke ich, dass es auch der eigene Blick auf die Dinge ist, der etwas gut oder schlecht macht. Ich kann nur sagen, ich schätze die individuelle Betreuung, die Menschlichkeit, die Fürsorge. Und weil ich das schätzen kann, bin ich auch immer am Ende des Tages glücklich, ja!“

Du hast jetzt dann deine letzte Chemo hinter dir, dazu gratulieren wir dir von Herzen. Hast du weitere Pläne?

„Erstmal geht es noch weiter mit Bestrahlung. Aber Ende Mai fliege ich nach Israel zu Familie und Freunden. Und hier habe ich mir fest vorgenommen, ein Ritual zum Abschied meines Krebses zu zelebrieren. Ich werde einen Zettel in die Klagemauer stecken und beten. Wenn ich zurück bin, fängt auch meine Wiedereingliederung in den Job an. Auch darauf freue ich mich. Und ich weiß, sollte irgendetwas sein, dann kann ich immer hier her kommen, in die Veramed Klinik. Das gibt mir ein gutes, beruhigendes Gefühl.“

Danke Ariela für das tolle Interview!

Wenn Ihr mit Ariela Kontakt aufnehmen wollte, dann stellen wir Euch gerne den Kontakt zu ihr her. Sie freut sich und gibt gerne Ihre Erfahrungen weiter.

Hier noch der Zeitungsbericht München über Ariela (PDF) zum herunterladen: Sonderseite_Veramed_28032020_Eigentlich_muesste_ich_tot_sein.pdf